I. Gemeinschaft

Der Mönch Maurus rettet mit Hilfe des hl. Benedikt, seinen Mitbruder Placidus vor dem Ertrinken,

Gemälde von Luca Spinello Aretino, 1387

Der folgende Text wurde in Auszügen entnommen aus:

Die Benediktusregel - lateinisch/deutsch,

hrsg. von der Salzburger Äbtekonferenz,

Beuroner Kunstverl., 1992, S. 40-47.

Einleitung/Zur Spiritualität der Regula Benedicti (RB), S. 27-31

1. Gemeinschaft als Haus Gottes

In der Regel finden wir ein Symbolwort, das die klösterliche Gemeinschaft in ihren verschiedenen Dimensionen umschreibt. Es ist das urchristliche Symbol vom „Haus Gottes": ein von Gott in einem von ihm bestimmten Raum erbautes Haus, in dem die darin lebenden Menschen seine Gäste sind. Haus Gottes ist aber nicht nur das architektonische Gebilde, sondern auch Symbol für die Gemeinschaft, die Leib Christi, Wohnung des Geistes ist. Schließlich ist auch jeder einzelne Haus Gottes, gebaut und berufen, Wohnung Gottes zu werden. Das Kloster, die Gemeinschaft und der einzelne als Haus Gottes stehen in einer Spannung zwischen dem Drinnen und Draußen und zwischen den drei miteinander in Beziehung stehenden Gegebenheiten: dem Ort, der Gemeinschaft und dem einzelnen.

 

Dieses Haus hat ganz eindeutig eine Mitte: den auferstandenen Christus, dessen Gegenwart das ganze Haus erfüllt. Diese österliche Dimension wird fassbar in den Kapiteln, die den Gottesdienst, die Essens- und Fastenpraxis, die Beobachtung der Fastenzeit und die Ordnung der Arbeit regeln. Ostern ist die Mitte, die das Jahr und die Woche ordnet. Wie sehr Ostern das Lebensmaß des Mönches darstellt, ergibt sich aus der Stellung, die dem Sonntag als dem Herrentag in der Einteilung und Gestaltung des Gottesdienstes zukommt. Die Bedeutung des Sonntags reicht aber auch in den Alltag hinein: Jeweils am Sonntag beginnen die Wochendienste innerhalb der klösterlichen Gemeinschaft. Dieser Bezug zum auferstandenen Herrn liegt vielen Stellen der Regel zugrunde. Es ist der auferstandene Herr, in dessen Gegenwart das Opus Dei gefeiert wird. Christus ist der Lehrer, der den Weg zum Leben zeigt, auch der innere Lehrer, der das Ohr öffnet für die laut rufende Stimme, die jeden Tag in den Worten der Heiligen Schrift einlädt und anspricht: ermutigend, anspornend und lebenspendend. Dieser Christus ist der gute Hirt, der dem Verlorenen nachgeht, der Arzt, der die Wunden der Brüder heilt. Dieser Christus kann im Glauben gesucht und erkannt werden, in der Botschaft des Evangeliums, in den Sakramenten, in der Gemeinschaft, im Abt, in den Kranken, in den Gästen, in jedem Bruder, in jeder Schwester. Das Leben in diesem Haus ist für Benedikt von einer inneren Dynamik geprägt. Es ist die Liebe zu Christus, wie sie sich in den sieben Schritten der ars spiritualis konkretisiert.

 

Haus Gottes, Wohnung des Geistes ist aber auch die Gemeinschaft. Sie versteht sich als die von Christus zusammengerufene und zusammengeführte „congregatio", in der jeder einzelne seine besondere Gabe und Begabung von Gott empfangen hat. Stabilitas ist ein wesentliches Element der Gemeinschaft in der Regel. Die monastische Beständigkeit bezieht sich auf die Bindung an ein ganz bestimmtes Kloster. Der Mönch wählt in Freiheit diesen Ort, weil er glaubt, hier den Raum zu finden, in dem er Gott suchen kann. Das Haus Gottes ist Ort der Einübung für das Christus-Entgegengehen.

 

Die Beständigkeit ist aber vor allem Bindung an eine Gemeinschaft. Im Hause Gottes leben, bedeutet, einen Platz gefunden zu haben in einem Haus, das aus lebendigen Steinen erbaut ist, in der Gemeinschaft der Brüder und

Schwestern. Beständigkeit ist ein Lernprozess; sie fördert die Einübung in die Grundhaltungen der geistlichen Kunst. Daher bedeutet stabilitas nicht Stillstand, sondern Stabilität und Mobilität bedingen einander. Die Beständigkeit in der Gemeinschaft ermöglicht eine innere Stabilität, ein tieferes Eindringen in das Leben mit Christus.

 

2. Der Dienst des Abtes

In einer Gemeinschaft, in der Menschen im Namen Jesu Christi zusammengeführt worden sind, kommt dem Abt eine besondere Aufgabe zu. Er ist Sachwalter des Evangeliums und hat die Anliegen Jesu Christi in dieser Gemeinschaft zu vertreten. Der eigentliche Abbas (Vater) im Haus Gottes ist Christus. Darum besteht die erste Aufgabe des Abtes darin, die einzelnen Glieder der Gemeinschaft zu Christus zu führen und darauf zu achten, daß sie auch als ganze auf dem Weg der Nachfolge bleibt.

 

Der Abt ist der würdige Verwalter, der mit Weisheit und Maß das Haus Gottes ordnet. Das Abtsbild Benedikts trägt bei Benedikt die Züge des Gottesknechtes, der mild und barmherzig ist. Diese Fähigkeiten des Abtes werden vor allem dort entfaltet, wo er die Schwächen und Fehler der Brüder wie ein heilender Arzt behandelt. In der Regel prägt das Christusbild des guten Hirten den Dienst des Abtes.

 

Der Abt wird dargestellt als ein Hörender, der den Rat der Brüder hört und dann bei sich überlegt, was zu tun ist. Er weiß sich selbst der Regel wie einer Lehrmeisterin untergeordnet und ist überzeugt, dass richtige Entscheidungen von allen gesucht werden müssen. Alle tragen Verantwortung für das Suchen nach dem Willen Gottes mit und in dieser Gemeinschaft. Der Abt steht in der Mitte der Gemeinschaft. Er hört, sichtet und ordnet die Beratungen der Brüder, und dann trifft er im Hören auf den Geist die Entscheidung.

 

3. Die übrigen Dienste in der Gemeinschaft

Die grundlegende Sicht Benedikts von der Verantwortung des Abtes gilt für alle, die einen Dienst in der Gemeinschaft übernehmen. Das wird besonders deutlich in Kapitel 31, das den Dienst des Cellerars umschreibt. Der Tugend- und Lasterkatalog, der seine Befähigung und Eignung zu diesem verantwortungsvollen Dienst umreisst, erinnert, an die Pastoralbriefe und das Bild vom Gottesknecht. Am Beispiel des Cellerars führt Benedikt aus: Alle sollen eine Atmosphäre des Friedens, der Ehrfurcht voreinander und der Liebe zueinander schaffen. Der abschließende Vers: „denn niemand soll verwirrt und traurig werden im Hause Gottes", darf als grundsätzliche Weisung für alle Dienste in der Gemeinschaft angesehen werden. Der Cellerar, der Gastbruder, der Krankenbruder, der Pförtner, sie alle sind aufgerufen, ihren Dienst zu tun in Gottesfurcht und Weisheit. In Gottesfurcht, das heißt in Verantwortung Gott gegenüber; in Weisheit, das heißt in dem Bemühen, die Gaben der Schöpfung sachgemäß, der Situation und den Umständen entsprechend zu gebrauchen: „Das Haus Gottes soll von Weisen auch weise verwaltet werden".

 

In den Kapiteln 36 und 53 finden wir eine Weisung, die sich zunächst auf einen bestimmten Personenkreis bezieht, auf die Kranken und Gäste, aber die Dynamik, die in diesen Weisungen liegt, gilt wiederum für alle Dienste in der Gemeinschaft. Die Sorge für die Kranken und für die Gäste hat ihre Grundlage in dem Wort Jesu: „Ich war krank, und ihr habt mich besucht. Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen. Was ihr einem dieser Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan" (Mt 25, 34-40). Es ist in der Regel das Bemühen spürbar, daß Benedikt seine Mönche anleiten wollte, in jedem Bruder den Herrn zu sehen und ihm wie Christus zu dienen. Es zeigt sich in den Anweisungen und Regelungen des Gemeinschaftslebens eine Sensibilität für die Bedürfnisse des einzelnen, Achtung voreinander, Rücksicht auf die Schwachen und die Sorge, daß das gegenseitige Dienen aus Liebe ohne Traurigkeit geleistet werden kann.

Die Dienste in der Gemeinschaft sind letztlich Nachahmung des Dienstes, den Christus uns erwiesen hat, sind Einübung in die Gesinnung Jesu. Dienst in der „schola dominici servitii" (Schule des Herrendienstes) verwirklicht sich im liturgischen Gebet, im Gehorsam, in den Diensten an den Brüdern, den Kranken und Gästen, kurz: in unserem ganzen Leben.

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Barmherziger Gott,

durch die Geburt

deines Sohnes

aus der Jungfrau Maria

hast du der Menschheit

das ewige Heil geschenkt.

 

Lass uns immer und überall

die Fürbitte der gnadenvollen

Mutter erfahren,

die uns den Urheber

des Lebens geboren hat,

Jesus Christus,

deinen Sohn,

unseren Herrn und Gott,

der in der Einheit

des Heiligen Geistes

mit dir lebt und herrscht

in alle Ewigkeit. Amen


(Tagesgebet am Hochfest

der Gottesmutter Maria

1. Januar)