23. Kapitel

Die Befreiung von der Ausschließung

 

(II,23,1)

GREGOR: Sogar sein Sprechen im Alltag, Petrus, war von außergewöhnlicher Kraft und Wirkung. Das Wort aus seinem Mund fiel niemals ins Leere, weil sein Herz festen Halt im Himmel hatte. Auch wenn er etwas noch nicht als Urteil, sondern nur als Drohung sagte, hatte seine Rede eine solche Kraft, als hätte er dies nicht unentschieden oder in der Schwebe gelassen, sondern schon als Urteil ausgesprochen.

 

(II,23,2)

Nicht weit von Benedikts Kloster lebten zwei gottgeweihte Frauen aus vornehmer Familie miteinander in ihrem Haus. Ein frommer Mann leistete ihnen Hilfe bei allem, was für das Leben notwendig war. Leicht kann eine vornehme Abstammung eine weniger vornehme Gesinnung mit sich bringen. Denn einige Leute weisen es von sich, in dieser Welt gering von sich zu denken, wenn sie sich daran erinnern, dass sie einmal in höherem Ansehen standen als andere. So hatten auch jene gottgeweihten Frauen ihre Zunge nicht so vollkommen im Zaum, wie es ihrem Stand entsprochen hätte. Sie reizten oft jenen frommen Mann, der ihnen die notwendigen Dienste erwies, durch unbedachtes Reden zum Zorn.

 

(II,23,3)

Nachdem er dies lange ertragen hatte, ging er zum Mann Gottes und erzählte ihm, welche Schmähungen er sich gefallen lassen musste.

Als der Mann Gottes das hörte, gab er ihnen sogleich die Weisung: »Zügelt eure Zunge! Wenn ihr euch nicht bessert, bestrafe ich euch mit Ausschließung!« Diese Ausschließung sprach er jedoch nicht als Urteil, sondern nur als Drohung aus.

 

(II,23,4)

Jene Frauen aber änderten ihr früheres Verhalten nicht. Innerhalb weniger Tage starben sie und wurden in der Kirche begraben.

Als in dieser Kirche die Messe gefeiert wurde und der Diakon wie üblich rief: »Wer die Kommunion nicht empfängt, gehe hinaus!«, da sah die Amme dieser Frauen, die für sie gewöhnlich dem Herrn die Opfergaben dargebracht hatte, wie sie aus ihren Gräbern hervorkamen und die Kirche verließen. Wiederholt sah sie nun, dass jene nach dem Ruf des Diakons hinausgingen und nicht in der Kirche bleiben konnten. Da erinnerte sie sich daran, was der Mann Gottes ihnen befohlen hatte, als sie noch lebten: Er hatte ihnen gesagt, er werde sie von der Kommunion ausschließen, wenn sie sich in ihrem Verhalten und Reden nicht besserten.

 

(II,23,5)

In großem Kummer teilte man dies dem Diener Gottes mit. Dieser gab sofort eigenhändig eine Opfergabe und sagte: »Geht und lasst diese Opfergabe für sie dem Herrn darbringen; so werden sie nicht länger ausgeschlossen sein.« Als nun die Opfergabe für sie dargebracht war und der Diakon wie üblich rief: »Wer die Kommunion nicht empfängt, soll die Kirche verlassen! «, sah niemand mehr jene beiden Frauen aus der Kirche hinausgehen.

Dadurch wurde zweifellos offenkundig, dass sie vom Herrn durch seinen Diener die Gemeinschaft wiedererlangt hatten; denn sie gingen nun nicht mehr mit jenen hinaus, die von der Kommunion ausgeschlossen waren.

 

Über die Vollmacht zu binden und zu lösen

 

(II,23,6)

PETRUS: Es ist wirklich wunderbar, dass ein Mensch, der noch in diesem vergänglichen Fleisch lebt, mag er auch noch so ehrwürdig und heilig sein, Seelen freisprechen kann, die schon vor das unsichtbare Gericht gestellt sind.

GREGOR: Petrus, lebte nicht auch jener noch im vergänglichen Fleisch, der das Wort hörte: »Was du auf Erden binden wirst, wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein?« [Mt 16,19] An seiner Stelle binden und lösen jetzt jene, die das heilige Hirtenamt innehaben und sich durch Glauben und Leben bewähren.

Damit aber der Mensch, der von der Erde genommen ist, so Gewaltiges vermag, kam der Schöpfer des Himmels und der Erde vom Himmel auf die Erde herab. Damit Fleisch auch über Geist urteilen kann, verlieh Gott dem Menschen diese Vollmacht, - Gott, der für die Menschen Fleisch geworden ist. Denn unsere Schwachheit wuchs über sich selbst hinaus, weil die Stärke Gottes sich selbst erniedrigte und schwach wurde.

PETRUS: Die Überzeugungskraft deiner Worte entspricht 7 der Kraft der Wunderzeichen.

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Barmherziger Gott,

durch die Geburt

deines Sohnes

aus der Jungfrau Maria

hast du der Menschheit

das ewige Heil geschenkt.

 

Lass uns immer und überall

die Fürbitte der gnadenvollen

Mutter erfahren,

die uns den Urheber

des Lebens geboren hat,

Jesus Christus,

deinen Sohn,

unseren Herrn und Gott,

der in der Einheit

des Heiligen Geistes

mit dir lebt und herrscht

in alle Ewigkeit. Amen


(Tagesgebet am Hochfest

der Gottesmutter Maria

1. Januar)